Sanierung Stahlyacht I

Sanierung der Stahlyacht Wibo 930 ‘Nadir’

alte Version: V 1.5 vom 17.02.09 letzter Update 06.07.14 ©2009

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Oktober 2008 Ostsee

 

Technische Daten Wibo 930 Baujahr 1978

  • Baujahr 1978, Holland, gezeichnet: van de Stadt
  • Kielyacht, Knickspanter, Rumpf und Aufbauten aus Stahl, 5 Kojen
  • 9,30m Länge über alles, 2,98m Breite, 1,50m Tiefgang
  • 29 PS Yanmar Diesel
  • 11m Alumast, Topprigg
  • Pinnensteuerung, Windsteuerung, E-Steuerung
  • Salon, Vorschiff, Hundekoje, WC
  • keine Leinen-Umlenkungen in die Plicht, Stagreiter-Vorsegel, Groß mit Bindereffs

 

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Nadir am Liegeplatz Rostocker Stadthafen

Die Wibo segelt sich recht gutmütig und ist auch einhand gut zu beherrschen. Das Platzangebot ist für 3 Segler völlig ausreichend. Urlaub auf dem Boot ist also der Haupteinsatz. Mal raussegeln geht auch recht schnell. Der relativ große Motor hilft zuverlässig bei Flaute oder Legerwall. Das Segeln auf der Wibo ist noch Arbeit, denn es gibt keine elektrische Unterstützung und Segelsetzen erfolgt am Mast oder auf dem Vorschiff. Ob steife Brise mit der Sturmfock oder Leichtwindsegeln mit dem Blister – alles wird per Hand erledigt. Vorteilhaft beim Einhandsegeln ist die Windsteueranlage und der Pinnenpilot. Das macht die Segelei sicherer, denn man kann sich in viel befahrenen Gebieten auf die Schifffahrt konzentrieren.

 

Sanierung der Wibo

Um nicht Unmengen an Geld für ein segelfertiges Schiff auszugeben, kaufte ich Eines mit einem Wasserschaden. Der Wassereinbruch geschah durch eine Undichtigkeit im Winterlager. Wahrscheinlich ist das Boot durch die Motorraumluke voll gelaufen. Zum Glück war es Süßwasser, sonst wären die Schäden noch größer. Das Wasser stand ca. 2 Monate einen halben Meter hoch im Rumpf und vollbrachte dort sein zerstörerisches Werk. Als ich das Boot das erste Mal besichtigte, wollte ich schon wieder Abstand von der Sanierung nehmen. Der Verkäufer zeigte mir jedoch Bilder vom alten Zustand und außerdem war der Zustand des Rumpfes sehr gut. Kaum Rost – nur schwere Schäden am Holz und an den Ausrüstungsteilen. Ich hatte mir vorgenommen, in einer konzertierten Aktion die komplette Sanierung durchzuführen. Dazu plante ich das Vorhaben exakt durch und kam auf ca. 250 Arbeitsstunden und 4.500 Euro Material an Sanierungskosten. Dies bedeutete aber, dass ich einen Monat lang jeden Tag fast 10 Stunden am Boot arbeiten müsste. Inklusive Samstag und Sonntag. Zeit für Materialeinkäufe, Essen gehen oder andere Aktivitäten war auch nicht vorhanden. Das Ganze ging also nur, wenn ich auch neben der Bootsbaustelle wohnen und essen könnte. Ich hatte für die Arbeit nur einen Monat Zeit, denn das Boot lag auf Fehmarn und der gemeinsame Urlaub sollte danach mit dem Boot absolviert werden. Ein knapper Plan – ich vertraute auf meine Planung – hatte ich doch zuvor nie ein Boot saniert 😉

 

Folgende Schäden mussten saniert werden

  • alle Holzeinbauten (Salon, Vorschiff, Kojen, Pantry, WC) ausbauen (soweit möglich)
  • Fußbodenbretter komplett herausnehmen (inkl. Unterbau)
  • Rumpf innen und teilweise Seitenwände (Stahl)
  • WC abreißen, Halterung abreißen, neue Stahlhalterung schweißen
  • Ablauf nach Außen im Vorschiff zuschweißen
  • Holz/Stahl schleifen, mehrmals streichen
  • teilweise Holz reparieren/ausbessern
  • Motorraum säubern, Motor aufklaren
  • Vorluk erneuern, Steckschott überholen
  • Elektrik teilweise sanieren (Erneuerung später)
  • Pantry überholen, Kocher sanieren, Gasanlage überholen
  • Wasseranlage säubern/überholen
  • Log in Gang bringen, Echolot reparieren, GPS installieren
  • Pinne reparieren, Rigg prüfen, Segelgarderobe prüfen
  • alle Polster erneuern
  • Antifouling streichen

 

Die meiste Arbeit steckte natürlich in den Holzarbeiten. Tagelanges schleifen unter Schutzmaske bei 30 Grad im Boot ist keine leichte Arbeit. Auch alle Farbarbeiten musste ich unter Schutzmaske erledigen. Ich arbeitet in einer Halle, was mich wetterunabhängig machte. Das Boot stand auf einem Trailer und durch die Höhe arbeitete ich fast direkt unter dem Hallendach. Die Sonne brannte darauf und es gab kein laues Lüftchen. Alle Matrialien kaufte ich aufgrund meiner Planung im Voraus und musste deshalb auch nur ein einziges Mal zwischendurch zum Baustoffhändler, um eine Holzplatte und ein paar Schrauben zu besorgen. Einige Arbeiten dauerten länger als geplant, andere Arbeiten hatte ich dafür schneller erledigt. An einigen Stellen musste ich improvisieren, um Zeit zu sparen (z.B. bei der Elektrik – eine neue Schalttafel musste ich später anfertigen). Da ich vorher nur auf Binnengewässern gesegelt bin (außer einige Jahre auf Katamaranen am Strand), musste ich mich auch auf die Einhandsegelei über die Ostsee vorbereiten. Das war eigentlich der kniffligste Punkt bei der ganzen Aktion – davon später mehr…

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nach der Sanierung

 

Hier mal ein paar Bilder vom Ursprungszustand

 

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Salon nach Wasserschaden

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Eingangsbereich und Pantry

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Hundekoje und Navigationsecke

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Bordtoilette

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Innenleben

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Fußboden im Salon

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defektes Vorluk

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vergammelter Gaskocher

 

Während der Sanierungsarbeiten musste ich ab und zu den Plan umstellen, da ich bei der ersten Bestandsaufnahme nicht in jede Ecke sehen konnte und unter einigen Verkleidungen auch noch die ein oder andere Überraschung hervor kam. Nacheinander kamen zuerst die Schweißarbeiten, dann alle Arbeiten im Vorschiff, WC und schlussendlich im Salon an die Reihe. Wenn ein Teil fertig war, habe ich ihn abgedichtet. Zum Ende hin aber musste ich mehrere Sachen parallel machen, da erstens die Zeit drängte und zweitens die Trockenzeiten der Einbauteile doch recht lang waren. Hier ein paar Bilder während der Sanierung.

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Werkbank und Schweißplatz mobil (WIG)

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zuerst die Schweißarbeiten

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neue V2A-Halterung für die Bordtoilette

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Halterung eingeschweißt

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fehlt nur noch die Bordtoilette

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Neubau Vorluk

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Vorschiff beim Schleifen

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Salon beim Schleifen

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Salon

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Ausbauteile werden draußen bearbeitet

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Motorluk in der Plicht

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Reparatur Echolot
Während der Sanierung gab es Hoch- und Tiefpunkte. Mal klappte etwas sehr gut und mal ging alles schief – halt das Übliche. Insgesamt jedoch erwies sich die Planung als brauchbar. Nach genau einem Monat war ich 1 Tag vor der Ankunft des Tiefladers mit allen Arbeiten fertig. Punktlandung!

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Abfahrt!

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Burgtiefe auf Fehmarn ist in Sicht

 

Ergebnis

Es wurde auch Zeit. Die körperlichen Reserven waren schon etwas aufgebraucht. Das Boot war segelfertig. Ich drehte eine kleine Runde unter Motor mit dem Alteigner. Leider fehlte die Großschot, so dass ich noch zwei Tage im Hafen liegen musste. Drei Tage hatte ich als Puffer eingeplant, so dass es kein Problem war. Bei den neun Windstärken, die durch den Hafen fegten, hatte ich auch kaum das Bedürfnis hinaus zu segeln. Mein Stegnachbar (1.Offizier auf einem großen Kahn) und der nette Alteigner halfen mir beim Maststellen und abends war dann endlich mal Zeit für ein gepflegtes Bier und eine Riesenportion Essbares (ich hatte ja zwischendurch immer selbst gekocht). Ich klarte das Boot auf und machte mich reisefertig. Die Schot kam und am nächsten Morgen ging es los nach Warnemünde. Windstärke 4 war angesagt und etwas Regen. Es sollte eine ruhige Überfahrt werden. Immerhin mein erster Törn 😉

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Vorschiff, fertig mit neuen Polstern

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Salon, fertig mit neuen Polstern

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Burgtiefe, bereit zum Auslaufen

 

Überführung

Früh morgens ging es los. Alles an Bord war auf meine erste Fahrt vorbereitet. Die Navi-Ecke war mit Karten ausgerüstet. GPS in doppelter Ausführung, das Echolot und die Logge funktionierten ebenfalls. Die Aussichten waren ok. Also los. Zwischendurch gab’s mal ne fünf und ein bischen Rauschefahrt, ansonsten 3-4 Windstärken und doch eine ganze Menge Regen. Das veranlasste mich auch mit der Feststetzung der Pinne zu beschäftigen, so dass das Boot auch mal fünf Minuten geradeaus lief. Mittags gab es auch was Warmes, denn der Kocher lief ja schon. War alles noch nicht ganz entspannt – aber das ist es wohl beim ersten Törn auch nicht. In Warnemünde wurde ich schon erwartet. Die Marina Hohe Düne konnte ich relativ früh anlaufen. Die nächsten zwei Tage wurde gebunkert und dann ging es los auf Urlaubstour Rund Rügen, Hiddensee und Boddenmarinas – dazu mehr auf einer anderen Seite.

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Wind war ausreichend

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Nadir lag gut

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Begegnungen

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Warnemünde erreicht

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Auf zu neuen Zielen!

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Ich wünsche allen Skippern immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel!

 

Den 2.Teil der Sanierung gibt es auch: Sanierung Teil II.

 

 

4 Antworten

  1. Michael Schulz sagt:

    Hallo Tom,
    Was gibt es was wir nicht gemein haben?
    Funkamateure
    Sportschützen
    Begeisterte Seglelsportler wobei es bei mir zeitlich nie für eine Sportbootlizenz gereicht hat. Ich hatte seinerzeit den Ubi und die UKW Seefunk Lizenz gemacht.
    War mit Freunden mehrmals im Jahr im Isselmeer/Nordsee zum Segeln.
    Ich bin vor 2,5 Jahren aus dem Ruhrgebiet auf die schwäbische Alb gezogen und damit weit weg vom großem Wasser und von interessanten Long Range Hot Spotten.

    73, DL5DCA
    Michael

    • vesab sagt:

      Moin Michael, ja da hast du natürlich recht. Aber die seite ist auch schon sehr lange online und man macht ja viel im Leben 😉 Grüße von der Ostsee! Tom

  2. vesab sagt:

    Hallo Peter,
    ich bin auch eher der Typ für Holz und Stahl. Kunststoff kann ich weniger abgewinnen.
    Ich will später mal einen Jollenkreuzer aus Holz mit aufholbarem Schwert für die Boddengewässer an Land ziehen. Da kann man bestimmt auch gut dran werkeln.

    cu Tom

  3. peter adrian sagt:

    klasse, habe ich auch durchlitten. aber nun segelt sie seit vielen jahren zu meiner vollsten zufriedenheit und ich könnte mir nicht vorstellen sie gegen einen joghurtbecher einzutauschen. mein nachbar hier in S war der besitzer der COMFORT werft und wollte mir gern eine solche günstig andienen. Ich bin saufroh das ich es nicht gemacht habe, oder wer will schon Jahrelang styrendämpfe einatmen bis das laminat ausgedunstet hat? das reicht mit farbe für die eisenversiegelung.

    holz oder stahl ist meine Devise,,

    Peter/ARGO/ARVIKA

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