Skoda 1000 MB anno 1986

Sanierung eines Skoda 1000 MB im Jahre 1986

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anno 1986

 

Warum schrottreife Autos sanieren?

Nun, zu Ostzeiten gab’s halt keine erschwinglichen neuen Autos zu kaufen und als Student schon gar nicht. Daher musste eine altes, eigentlich schrottreifes Auto her. Eine Autoleiche in Form eines Skoda 1000MB lief mir über den Weg und wechselte für 800 Ostmark den Besitzer, was damals für einen Studenten eine Menge Geld war.

Der Skoda wurde vor 1969 gebaut. Der Motor lief noch halbwegs und alle anderen technischen Aggregate hatten ihre absolute Verfallszeit auch noch vor sich. Nur die Karosserie ließ nichts Gutes erwarten. Auf den ersten Blick sah alles verdächtig gut aus.

 

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von außen nur Rostschutzfarbe über den Schadstellen zu erkennen

 

Vorarbeiten

Nun war es damals ja nicht so, dass Garagen und Baumöglichkeiten einfach so vorhanden waren. Also ging im Ort zum einschlägig bekannten Bauern und schlug ihm ein Geschäft vor, denn ich hatte ja als armer Student kein Geld. Arbeit gegen eine Garage und ein Schweißgerät – guter Deal dachte ich, denn ich sollte drei Monate jeden Tag 4 Stunden helfen und bekam dazu noch Vollverpflegung in der Familie. Na ja, so ganz gut war das Geschäft dann doch nicht. Die Garage war bis oben hin voller Schrott, den ich erst einmal eine Woche lang umräumen musste, die Abeit war hart und das Schweißgerät war ein verkapptes Himmelfahrtskommando, denn es war ein undichter! Karbidentwickler, der dann auch mal zwischendurch brannte. Trotzdem habe ich bei dem Bauern sehr viel gelernt fürs Leben. Die nachfolgenden Bilder muten eher wie 1960 an, so waren die Verhältnisse damals manchmal noch auf dem Land.

 

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“mein” Bauer – Spitzname “Klamotten-Gustav”, weil er selbst mit Steinen ein Geschäft hinbekam…

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die “Garage” mit dem ganzen Schrott drumherum

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der einfache Bauernhof

 

Das Schadensbild

Auf den ersten Blick sah das Auto verdammt gut aus. Als angehender Maschinenbauingenieur war mir selbstverständlich nix zu schwör… 😉

Nachdem ich die ersten Bleche – bzw. den Rest davon – abgebaut oder abgeflext hatt, sah es dann schon nicht mehr so gut aus.

 

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Rostfraß bis zum Horizont

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an den Schwellerenden besonders delikat

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auch in den Radhäusern nix Gutes

 

Entkernen

Das Schadensbild würde heute für den Schrottplatz genügen, wenn es nicht ein absolut begehrenswerter Oldtimer wäre. Damals war das noch völlig ok und reparabel. Leider hatte ich nur 3 Monate Zeit, um meine Diplomarbeit zu schreiben, so dass sich Diplomarbeit und Reparatur die Zeit teilen mussten. Gewonnen hat die Reparatur, so sah dann auch die Diplomarbeit aus aber gereicht hats trotzdem 😉

 

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die B-Säule hing noch am seidenen Faden

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A-Säule war im Knotenbereich quasi nicht mehr vorhanden

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C-Säule ohne Außen- und Innenschweller

 

Also alles Schlechte rausflexen und sehen, was übrig bleibt. Nachdem ich eine Seite entkernt hatte, merkte ich, dass der ganze Schlurren instabil wurde, so dass ich mich entschloss, erst eine Seite zu sanieren und dann die zweite anzugehen. Sonst hätte sich die ganze Karosserie womöglich verzogen oder wäre in der Mitte auseinander gebrochen. In Ermangelung einer Hebebühne wurde der ganze Krempel einfach an einen Flaschenzug an den nächsten stabilen Hänger angehängt. Vermessen wurde das Ding ja hinterher nicht mehr und mehr als 120 km/h waren damit eh nicht drin. Also alles ganz ungefährlich…

 

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die Ersatzhebebühne

 

Reparatur

Werkzeug war eh Mangelware, so dass ich mit einem Nusskasten (von Opa aus’m Westen) und der vorsintflutlichen Schweißanlage zurecht kommen musste. Statt MAG-Schweißgerät gab es einen Karbid-Entwickler (den kennt heute kaumnoch jemand) und eine Sauerstoffpulle. Geschweißt wurde natürlich alles autogen, was gar nicht so schlecht funktionierte. Leider war der Karbidentwickler nicht mehr ganz so taufrisch und hatte daher am Ablauf des Karbidschlamms nur eine Behelfsdichtung, was bei etwas höheren Drücken durch falsche Beladung dann immer kriminell wurde, da dort Karbidschlamm austrat und munter weiter reagierte. Zweimal brannte daher auch das ganze Teil und nur durch schnelles Löschen mit dem Wassereimer konnte ich Schlimmeres verhindern.

 

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die nicht ganz ungefährliche Schweißanlage

 

Nach und nach kam ein Blech zum anderen. In Ermangeliung von Ersatzteilen (nur die Schweller außen hatte ich bekommen), musste ich jedes fehlende Blech selbst ausschneiden, biegen und zusammenbrutzeln – natürlich alles per Hand mit Blechschere und zwei Zangen.

 

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Bodengruppe geschweißt

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Vorderachse wieder lauffähig und gestrichen

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sah aus wie ein hohler Vogel

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eine Seite wieder neu 😉

 

Mehr Bilder habe ich leider nicht gefunden. Das fuhr nachher natürlich wieder und war neu “lackiert”. Kurz danach hatte ich es aber wieder gut verkauft. Der Unterhalt eines Autos war für einen Studenten dann doch ganz schön teuer.

 

 

 

2 Antworten

  1. vesab sagt:

    Hallo Ingo,

    danke 😉
    Schaffen aber bestimmt ganz viele, die nicht Ingenieur sind. Man muss das halt nur mal gelernt haben oder sich selbst aneignen.

    cu Tom

  2. Ingo Taeger sagt:

    Also habe damals auch mal ein wenig gebastelt…. wenn auch wohl mit besseren Werkzeug. Aber bin da schon mächtig am grinsen, wenn ich das so lese. Kenne solche Arbeiten auch. Ich hatte leider kein Unterstellplatz zur Verfügung aber einen großen Hof. Auto (damals Käfer aber auch Baujahr 1969) unterbaut und dann fing ich auch ähnlich an. Alter Schweller raus, neuer rein usw. Bin aber froh, das mein Käfer bei weiten nicht so ein Schadensbild aufwies. Aber wer unter den Umständen es schafft wieder ein Auto fahrbar zu machen der darf sich ruhig auch “Ingenieur” schimpfen.

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